Die Entwicklung von Bauprojekten ist ein komplizierter Vorgang, an dem sehr unterschiedliche Gruppen mit verschiedensten Interessen, Präferenzen und Fähigkeiten beteiligt sind. Zudem unterscheiden sich die Planungs-, Fertigungs- und Projektmanagementprozesse wesentlich von denen anderer Industriesektoren mit überwiegend stationärer Produktion, da die Produkte, Fertigungsmethoden und Konsortien sowie die ständig wechselnden Fertigungsumgebungen im Bau sehr spezifische sind.
Aktuelle Projektmanagementsysteme im Bauwesen behandeln im Wesentlichen nur Teilaspekte des Planungs- und Realisierungsprozesses, entweder aus dem Blickwinkel des Auftraggebers oder aus dem der Auftragnehmer. Den vorhandenen Werkzeugen fehlt eine interoperable Sicht auf die Prozesse und Ergebnisse. Ein weiteres grundsätzliches Problem ist, dass sie die Simulation von Logistik- und Fertigungsprozessen für den Baubetrieb und für die dynamischen Veränderungen im Bauprozess nicht unterstützen sowie ein erforderliches Risikomanagement meist nicht ermöglichen. Das übergeordnete Ziel eines solchen Systems bzw. einer Managementplattform sollte jedoch die Unterstützung aller Interessen sein.
Das Leitprojekt Mefisto widmet sich diesen verschiedenartigen Problemstellungen durch die Entwicklung eines Managementführungssystems mit visuellen Werkzeugen, das die zeitnahe Erarbeitung operativer Daten sowie aussagekräftige Simulationen von Entscheidungsalternativen auf unterschiedlichen Führungsebenen ermöglicht. Zudem sollen komplexe Zusammenhänge visuell verständlich gemacht, ein dynamisches Risikomanagement ermöglicht, hohe Transparenz geschaffen und zurückliegende Entscheidungsgrundlagen sichtbar gemacht werden. Darüber hinaus wird durch innovative und intelligente Visualisierungstechniken eine Verständnisebene zwischen den Projektpartnern aufgebaut, die vertrauensbildend wirkt und Missverständnisse vermeiden hilft. Auf dieser Grundlage wird die gesamte Wertschöpfungskette der Bauprozesse substantiell verbessert, was neben ökonomischen auch ökologische und gesellschaftliche Vorteile hat.
Der Lehrstuhl Multimediatechnik ist vor allem in der Forschungsarbeit des Arbeitspakets 6 (AP6) involviert, das auf die Unterstützung der Führungsebene mittels visueller Hilfsmitteln abzielt. Der Ausgangspunkt des APs ist die Annahme, dass durch die einzelnen Bauphasen, Rollen und Aufgaben unterschiedliche Anforderungen an Visualisierungen und deren Interaktion für die Planungsmodelle und deren Daten gestellt werden. Weiterhin ist die inhaltliche Verknüpfung verschiedener Modellsichten und Projekt- bzw. Prozesszuständen sowie die verständliche Darstellung komplexer Projektzusammenhänge mit den existierenden Werkzeugen bislang nur bedingt möglich. Letztlich wird die Navigation innerhalb und zwischen komplexen Informationsräumen, u. a. wegen der Heterogenität der Informationsstrukturen, nur unzureichend unterstützt. Ausgehend von diesen Problemen beschäftigt sich der Lehrstuhl mit der kontextsensitiven, intelligenten Visualisierung von Daten. Eine genauere Skizze der eigenen Motivation und Ziele wird hier erläutert.